06.05.22024: Israelischer Panzer am Grenzübergang Shalom Kerem
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06.05.22024: Israelischer Panzer am Grenzübergang Shalom Kerem

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Militär: Israel übernimmt Kontrolle über Grenzübergang Rafah

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die palästinensische Seite des Grenzübergangs Rafah im südlichen Gazastreifen übernommen. Zwar stimmte die Hamas einer Feuerpause zu – doch Israel akzeptiert die Bedingungen nicht.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Israels Streitkräfte sind in Teile der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen vorgerückt und haben damit die Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert. Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten sei auf der palästinensischen Seite unter "operativer israelischer Kontrolle", teilte ein ranghoher israelischer Militär mit.

Auf Videoaufnahmen der Armee war zu sehen, wie Panzer in den Grenzbereich von Rafah einrollten. Im Kampf Israels gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen war eine Offensive auf Rafah seit Längerem geplant.

Militärvertreter spricht von "präzisem Anti-Terror-Einsatz"

Der Militärvertreter sagte, es handele sich um einen "präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang". Spezialeinheiten durchsuchten die Umgebung. Es gebe Hinweise darauf, dass die Hamas die Gaza-Seite des Übergangs für Terrorzwecke missbraucht habe. Das Militär legte keine Beweise vor, um diese Behauptung unmittelbar zu untermauern. Aus dem Gebiet hätten Mitglieder des militärischen Hamas-Arms am Sonntag Raketen auf den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom abgefeuert. Dabei waren vier israelische Soldaten getötet worden.

Grenzübergang für Hilfsgüter geschlossen

Der Grenzübergang für humanitäre Hilfsgüter sei nach dem Angriff weiterhin geschlossen, man wolle ihn jedoch so schnell wie möglich wieder öffnen. Anschließend sollten Palästinenser ohne Verbindung zu den Islamisten an der Verteilung von Hilfsgütern beteiligt werden, die aus Ägypten in das abgeschottete Küstengebiet kommen. Kerem Schalom ist der wichtigste Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen. Die israelische Regierung vermutet in Rafah noch Tausende Hamas-Kämpfer und womöglich auch einige der nach wie vor festgehaltenen Geiseln.

Ein Sprecher der palästinensischen Grenzübergangsbehörde, Wael Abu Omar, bestätigte, dass die israelischen Streitkräfte den Grenzübergang unter ihre Kontrolle gebracht und vorläufig geschlossen hätten. Er sagte, das Gebiet um den Grenzübergang sei seit Montag Ziel von Angriffen gewesen. In der Nacht zum Dienstag wurden in Rafah nach palästinensischen Angaben auch Häuser von israelischen Panzern und Flugzeugen angegriffen. Dabei seien 20 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden, teilten die von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mit.

Guterres: Bodenoffensive in Rafah "nicht hinnehmbar"

International gibt es Sorgen, dass eine mögliche Bodenoffensive Israels in Rafah folgenschwere Konsequenzen insbesondere für die Zivilbevölkerung im umkämpften Gazastreifen haben könnte. UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien dazu auf, alles dafür zu tun, um endlich ein Abkommen zu erreichen. "Eine Bodenoffensive in Rafah wäre nicht hinnehmbar aufgrund der verheerenden humanitären Folgen", so Guterres.

Internationale Appelle an Israel

Auch US-Präsident Joe Biden appellierte nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Washington, die Freilassung aller Geiseln, eine dauerhafte Waffenruhe sowie humanitäre Hilfe seien dringend nötig. Auch Peking mahnte Israel: "China (...) fordert Israel nachdrücklich auf, die zahlreichen Forderungen der internationalen Gemeinschaft zu berücksichtigen, die Angriffe auf Rafah einzustellen und alles zu tun, um eine noch größere humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu verhindern", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Lin Jian.

Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten warnte vor den Auswirkungen des israelischen Militäreinsatzes. Der gesamte Treibstoff, der in den Gazastreifen gelange, werde über Rafah geliefert, sagte der Sprecher des Amtes, Jens Lærke. Jede Unterbrechung würde die Arbeit der Hilfsorganisationen zum Erliegen bringen. Das würde die Krise weiter verschärfen, "einschließlich der sehr realen Möglichkeit einer Hungersnot", sagte er.

Unterdessen beschoss die Hamas nach eigenen Angaben erneut den Grenzübergang Kerem Schalom mit Raketen. Die Raketen seien auf eine "Ansammlung" israelischer Soldaten abgefeuert worden, erklärten die Essedin-al-Kassam-Brigaden.  

Netanjahu: Einsatz wird fortgesetzt

In einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hieß es am Montagabend: "Das Kriegskabinett hat einstimmig beschlossen, dass Israel die Operation in Rafah fortsetzt." Damit solle militärischer Druck auf die Hamas ausgeübt werden, um "die Freilassung unserer Geiseln und die anderen Ziele des Krieges voranzutreiben". In mehreren Städten Israels kam es am Montagabend zu Demonstrationen für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der Geiseln.

Israel genügt Feuerpausen-Vorschlag nicht

Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Netanjahu sagte jedoch kurz darauf, der Entwurf sei "weit von Israels notwendigen Forderungen entfernt". Trotzdem werde man eine Arbeitsdelegation zu weiteren Gesprächen entsenden.

Die Ankündigung der Hamas erfolgte einige Stunden, nachdem Israel am Montag die Evakuierung von Teilen Rafahs angeordnet hatte. Die Stadt im Süden des Palästinenser-Gebiets gilt als letzte Zuflucht für etwa die Hälfte der 2,3 Millionen Bewohner des Gazastreifens seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober und der israelischen Gegenoffensive.

Mit Informationen von dpa, Reuters, AFP und AP

Im Video: Israel rückt in Rafah vor

Israel rückt in Rafah vor
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