Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Die Rebellin im Dirndl

Samstag, 13.05.2023
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Die Rebellin im Dirndl
Elfie Pertramer, eine bayerische Ausnahmekünstlerin
Von Eva Demmelhuber
BR 2014

Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.

Als Kind fühlte sie sich ungeliebt und unverstanden, war jedoch ein Ausbund an Ideen und Streichen und lernte früh, ein Lachen einzufangen, das ihr galt, oder die unglückliche Ehe der Eltern zu befrieden.

Elfie Pertramer war eine Ausnahmekünstlerin und Erfinderin vieler Fernsehformate. Bereits Anfang der 1950er Jahre machte sie sich über das Genre Heimatfilm lustig, das sie kabarettistisch zerlegte. Sie etablierte die persönlich gefärbte Reportage, schaute nicht auf die Glitzerwelt, sondern filmte in Hinterhöfen. Ihre Serie "S' Fensterl zum Hof" war ein Straßenfeger. "Arbermandl" wird seit 30 Jahren im Bayerischen Fernsehen zu Weihnachten wiederholt.

Sie drehte mit Heinz Rühmann, Willy Fritsch, Grete Weiser, Heinz Erhardt, Hans Clarin, Hans Moser oder Georg Thomalla. In den 1950er und 1960er Jahren war sie ein Superstar, die bayerische Antwort auf Sophia Loren und Marylin Monroe, die sie hinreißend parodierte. Einem Veitstanz gleich fegte sie von Auftritt zu Auftritt, die Münchner Prominenz aus Politik und Showbiz warb um ihre Gunst. Elfie Pertramer war ganz oben. Und dann bekam sie "den Nonsens-Kater", wie sie in ihren Tagebüchern schreibt. 1971 wirft sie alles hin, fährt nach Sardinien. Auch dort findet sie nicht die Zauberformel, die die Welt zusammenhält. Sie bereist Indien und Tibet, beschäftigt sich mit der Mystik, dem Buddhismus, lebt mehrere Jahre bei bayerischen Kapuzinerinnen in Assisi, kehrt zurück und dreht wieder Dokumentationen. Sie wird krank, kann sich nicht mehr bewegen, viele Schicksalsschläge ereilen sie. Sie bleibt eine Suchende: nach Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens.

Eva Demmelhuber führte Gespräche mit Wegbegleitern und sichtete als erste den Pertramer-Nachlass im Münchner Literaturarchiv Monacensia, Tagebuchaufzeichnungen, unveröffentlichte Schriftstücke, Selbstzeugnisse. Ihre Sendung ist der Versuch einer Annäherung an eine große Künstlerin, die mit ihrem Schaffen Radiogeschichte, Fernsehgeschichte und Kabarettgeschichte schrieb.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.