Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. April 1897 Wiener Secession gegründet

Es war Zeit für frischen Wind in der Malerei, auch in Wien. Gustav Klimt ist wohl der Bekannteste derjenigen, die 1897 die Wiener Secession gründeten: Eine Abspaltung vom Wiener Künstlerhaus, da die Künstler den am Künstlerhaus vorherrschenden Konservatismus und Kunstbegriff ablehnten. Autorin: Justina Schreiber

Stand: 03.04.2024 | Archiv

03 April

Mittwoch, 03. April 2024

Autor(in): Justina Schreiber

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Frank Halbach

In der Luft lag eine epochale Aufbruchsstimmung. Auch unter den jungen Wiener Künstlern rumorte es. Denn die etablierten Maler regierten wie Paschas. Saßen in Jurys, schoben sich Pöstchen zu und diktierten, wer welche Bilder wo zeigen durfte. Wenn sie wenigstens ästhetisch nachvollziehbare Kriterien angelegt hätten! Aber ihre Entscheidungen wirkten absolut provinziell. Wie konnte man bloß die "Kirschpflückerin", ein "nacktes Mädchen unter Bäumen im Sonnenlicht" von Josef Engelhart, einem in Paris gefeierten Maler, von der Aquarellausstellung des Künstlerhauses ausschließen!? Noch dazu mit der moralisierenden Begründung: "aus Rücksicht für das besonders zahlreich erscheinende vornehme Frauenpublikum"?! Als ob die Wiener Damenwelt auf durchschnittliche Porträts und biedere Historienmalerei scharf wäre! So konnte diese Stadt nicht aufblühen ... während München und Paris schon vorwärts in die Zukunft des kommenden Jahrhunderts schritten, und zwar mit dem floralen Schwung eines radikalen künstlerischen Neubeginns, bezeichnenderweise Jugendstil genannt!

Junge Wilde

Logisch, dass so ein Neubeginn nur gelang, indem man sich vom Alten, also von den Alten absetzte und lossagte, also abspaltete, die Wurzeln abhackte. Na ja, erst einmal genügte es vielleicht, einen Klub der Unzufriedenen innerhalb der "Genossenschaft der bildenden Künstler" zu bilden. Gustav Klimt, der Maler in dem originellen Russenkittel, war der Wortführer der jungen Wilden. Er teilte der Wiener Künstlervereinigung am 3. April 1897 mit, dass eine Reihe von Abweichlern eine eigene, zeitgemäße Unter-Abteilung zu eröffnen gedächte. Als da wären der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Zeichner Josef Hoffmann, der Grafiker und Kunstgewerbler Kolo Moser und andere. Ein entschiedener Brief, mehr nicht.
Tumulte folgten erst später und als Antwort auf die pampig ausfallenden Reaktionen der Honoratioren. Wie auch immer: das Datum des Briefes gilt als der Gründungstermin der Wiener Secession, der Wiener Abspaltung, deren Eigenart zunächst nicht weiter definiert war.
"Man" (im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Frauen spielten in akademischen Kreisen damals allenfalls als Musen oder Modelle eine Rolle) man legte vor allem Wert auf Freiheit und neue Allianzen, um den europäischen Anschluss nicht zu verlieren. Reine und angewandte Künste, Theorie und Praxis sollten sich – wie andernorts - gewissermaßen gegenseitig befruchten. Doch als mindestens ebenso hilfreich erwies es sich, dass der Kaiser seinen Segen gab und die jüdische Kultur-Elite Wiens sehr viel Geld spendierte.

Krauthappl

So konnten die Sezessionisten schon eineinhalb Jahre später ein ganz besonderes Ausstellungsgebäude am Ende des Naschmarktes eröffnen. Ein in Stein gehauenes Manifest der Avantgarde. Ein monumentales Denkmal - bis heute ... Auch wenn es an einen Hochofen oder ein babylonisches Grabmal erinnern mag. Und was hat es bloß mit dem "goldenen Krauthappl" auf sich, dieser großen krautkopfmäßigen Haube oben auf dem eckigen Klotz? Nun ja, moderne Kunst eben.


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