Bayern 2 - Die Welt am Morgen


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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Die unhöflichste Stadt Deutschlands

Höflichkeit ist bekanntlich eine Zier, und so kann sich Nürnberg neuerdings schmücken mit dem Titel "vierthöflichste Stadt Deutschlands". Die unhöflichste Stadt der Republik liegt erstaunlicherweise nicht in Bayern – wenn man einer aktuellen Studie trauen darf… Eine Glosse von Thomas Koppelt.

Von: Thomas Koppelt

Stand: 23.04.2024

So, Handy weg! Und Ruhe bitte! Da schwätzt noch wer, ich hör's doch! Tschuldigung, können Sie vielleicht die Füße vom Tisch nehmen? Ja, Sie da hinten in Unterfranken. Und nicht die Beine übereinanderschlagen? Das wirkt irgendwie abweisend mir gegenüber. Da redet immer noch wer. Ich fang erst an, wenn es still ist. Hallo! Es geht um etwas Wichtiges. Es geht um Höflichkeit, verdammt nochmal! So, können wir dann?

Also. Quizfrage: Wo leben die unhöflichsten Menschen Deutschlands? Bislang hatte ich vermutet, die leben in Niederbayern oder der Oberpfalz. Nein, bitte, das ist nicht unhöflich gemeint. Selbst gebürtige Niederbayern verweisen schließlich gerne auf ihren angeborenen oder sozial erworbenen Markenkern: auf die Maulfaulheit. Nach dem Motto – und ich erspare Ihnen aus Höflichkeitsgründen eine peinliche Dialekt-Imitation: Nicht geschimpft ist gelobt genug.

Aber, liebe Niederbayerinnen und Oberpfälzer, es gibt schlechte Nachrichten: Das Alleinstellungsmerkmal ist futsch. Ein Marktforschungsinstitut hat herausgefunden: Die unhöflichsten Menschen Deutschlands leben nicht in Niederbayern, nein, sie leben in … Nordrhein-Westfalen. Genauer gesagt in Essen. Davon zeugt der errechnete Unhöflichkeitswert von 6,47. Zum Vergleich: München belegt mit einem Unhöflichkeitswert von 5,92 Rang 6.

Es verläuft ein eklatantes Höflichkeitsgefälle quer durch Nordrhein-Westfalen

Diese Studie sollte uns zu denken geben. Oder auch nicht. Herausgekommen ist nämlich auch: Die höflichsten Menschen Deutschlands leben in… Nordrhein-Westfalen. Genauer gesagt in Bochum. Entweder es verläuft ein eklatantes Höflichkeitsgefälle quer durch Nordrhein-Westfalen, oder die Studie ist – höflich ausgedrückt – vernachlässigbar.

Und mit dieser Feststellung könnten wir die Studie auch schon wieder Studie sein lassen, wenn nicht auch der Kriterienkatalog mitveröffentlicht worden wäre, und aus dem können wir ja vielleicht etwas Konkretes für unser tägliches Leben mitnehmen. Versuchen wir's: Was empfinden Menschen als besonders unhöflich? Platz 1: In der Öffentlichkeit ständig aufs Smartphone schauen. Platz 2: Im Verkehr anderen keine Vorfahrt gewähren. Außerdem ganz weit oben im Unhöflichkeits-Ranking: Über Lautsprecher telefonieren und geschlossene Körpersprache.

Da hat noch immer jemand die Arme vor dem Körper verschränkt! Bitte! Seien Sie höfflich – und umgeben Sie sich mit höflichen Menschen. Eine andere Studie hat nämlich gerade mehr oder weniger wissenschaftlich belegt, dass man sich immer ähnlicher wird, wenn man viel Zeit miteinander verbringt. Das beweist auch die Berliner Ampel. Oder finden Sie nicht, dass sich Robert Habeck und Christian Lindner immer ähnlicher werden? Rein äußerlich natürlich. Nicht? Na dann, lassen wir's gut sein. Sie können sich weiter unterhalten. Und entschuldigen Sie bitte die Störung.


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